Chinas Recht VIII.7

5.7.94/2

 

Arbeitsgesetz der VR China<1>

 

Verabschiedet vom Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses am 5.7.1994

 

Inhalt:

1. Kapitel: Allgemeine Regeln

2. Kapitel: Beschäftigungsförderung

3. Kapitel: Arbeitsvertrag und Kollektivvertrag

4. Kapitel: Arbeitszeit, Ruhezeiten und Urlaub

5. Kapitel: Lohn

6. Kapitel: Arbeitssicherheit und Gesundheit

7. Kapitel: Besonderer Schutz weiblicher Beschäftigter und minderjähriger Arbeiter

8. Kapitel: Berufsausbildung

9. Kapitel: Sozialversicherung und Sozialleistungen

10. Kapitel: Arbeitsstreitigkeiten

11. Kapitel: Aufsicht und Überprüfung

12. Kapitel: Rechtliche Verantwortung

13. Kapitel: Ergänzende Regeln

 

1. Kapitel: Allgemeine Regeln

 

§ 1   Um die legalen Rechte und Interessen der Arbeitenden zu schützen, die Arbeitsbeziehungen zu regeln, eine der sozialistischen Marktwirtschaft entsprechende Arbeitsordnung zu errichten und zu schützen und die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Fortschritt zu fördern, wird aufgrund der Verfassung dies Gesetz bestimmt.

 

§ 2   Auf die Unternehmen im Gebiet der VR China und auf die Organisationen der Individualwirtschaft im Gebiet der VR China (im folgenden kurz: Arbeitgebereinheiten<2>) und auf die Arbeitenden<3>, die mit ihnen Arbeitsbeziehungen bilden, wird dies Gesetz angewandt.

   Gegenüber Behörden, institutionellen Einheiten und gesellschaftlichen Körperschaften und denjenigen Arbeitenden, die mit ihnen Arbeitsvertragsbeziehungen errichten, wird dies Gesetz entsprechend angewandt.

 

§ 3   Die Arbeitenden haben gleichberechtigt das Recht, beschäftigt zu werden und ihren Beruf zu wählen, das Recht, Arbeitsentgelt zu erhalten, das Recht auf Ruhezeiten und Urlaub, das Recht, Schutz der Arbeitssicherheit und Gesundheit zu erhalten, das Recht, berufstechnische Ausbildung zu erhalten, das Recht, Sozialversicherung und Sozialleistungen zu genießen, das Recht, die Regelung von Arbeitsstreitigkeiten zu beantragen und andere vom Gesetz bestimmte Arbeitsrechte.

   Der Arbeitende muß [seine] Arbeitspflichten erfüllen, seine berufstechnischen Fähigkeiten steigern, sich an die Arbeitssicherheits- und Gesundheitsvorschriften halten, Arbeitsdisziplin und Berufsmoral wahren.

 

§ 4   Die Arbeitgebereinheit errichtet und vervollkommnet Regelungen, um zu gewährleisten, daß der Arbeitende seine Arbeitsrechte genießt und seine Arbeitspflichten erfüllt.

 

§ 5   Der Staat ergreift Maßnahmen aller Art zur Beschäftigungsförderug, zur Entwicklung der Berufsausbildung, zur Festsetzung von Arbeitsnormen, zum Ausgleich des gesellschaftlichen Einkommens, zur Vervollkommnung der Sozialversicherung, zur Harmonisierung der Arbeitsbeziehungen und zur allmählichen Hebung des Lebensstandards der Arbeitenden.

 

§ 6   Der Staat propagiert die Teilnahme der Arbeitenden an gesellschaftlichen Arbeitspflichten, die Entfaltung von Arbeitswettbewerben und Aktivitäten für Rationalisierungsvorschläge, er fördert und schützt wissenschafliche Forschung, technische Neuerungen und Erfindungsschöpfungen der Arbeitenden, er zeichnet vorbildliche und Bestarbeiter aus und belohnt sie.

 

§ 7   Die Arbeitenden sind berechtigt, nach dem Recht an Gewerkschaften teilzunehmen und Gewerkschaften zu organisieren.

   Die Gewerkschaft vertritt und schützt die legalen Rechte der Arbeitenden und wird nach dem Gesetz unabhängig und autonom tätig.

 

§ 8   Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen nehmen die Arbeitenden über die Beschäftigtenversammlung bzw. Beschäftigtenvertreterversammlung oder in anderer Form am demokratischen Management teil bzw. verhandeln über den Schutz der legalen Rechte und Interessen der Arbeitenden gleichberechtigt mit den Arbeitgebereinheiten.

 

§ 9   Die Abteilung des Staatsrates für die Arbeitsverwaltung ist landesweit für die Arbeitsverwaltung zuständig.

   Die Abteilungen für die Arbeitsverwaltung bei den territorialen Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts sind für die Arbeitsverwaltung in ihrem Verwaltungsgebiet zuständig.

 

2. Kapitel: Beschäftigungsförderung

 

§ 10  Über die Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung schafft der Staat die Bedingungen für die Beschäftigung und Gelegenheiten zur Ausweitung der Beschäftigung.

   Der Staat spornt die Unternehmen, institutionellen Einheiten und gesellschaftlichen Körperschaften an, im von den Gesetzen und Verwaltungsnormen gesetzten Rahmen Produktionen aufzunehmen, Betriebe zu entwickeln und [so] die Beschäftigung zu erhöhen.

   Der Staat unterstützt es, wenn die Arbeitenden freiwillig ihre Beschäftigung organisieren, und wenn sie sich mit Einzelgewerbebetrieb Beschäftigung schaffen.

 

§ 11  Die territorialen Volksregierungen aller Stufen müssen Maßnahmen ergreifen, um Stellenvermittlungsorgane unterschiedlicher Art zu entwickeln und [damit] zur Arbeitsvermittlung Dienste zu leisten.

 

§ 12  Arbeitende werden bei der Beschäftigung nicht benachteiligt, weil sie anderer Volkszugehörigkeit, Rasse, anderen Geschlechts oder anderer Religion sind.

 

§ 13  Frauen haben das gleiche Recht auf Beschäftigung wie Männer. Bei der Einstellung von Beschäftigten darf außer bei den nach staatlichen Bestimmungen nicht für Frauen geeigneten Arbeiten und Arbeitsplätzen Frauen nicht wegen ihres Geschlechts die Einstellung verweigert werden, noch dürfen an Frauen höhere Anforderungen für die Einstellung gestellt werden.

 

§ 14  Wenn zur Anstellung von Versehrten, Angehörigen von Minderheitsvolksgruppen und von Soldaten, die aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind, in Gesetzen und anderen Rechtsnormen besondere Bestimmungen getroffen werden, gelten diese.

 

§ 15  Es ist verboten, daß Arbeitgebereinheiten Minderjährige unter 16 Jahren einstellen.

   Wenn Einheiten im Bereich von Kultur und Sport und für besondere kunsthandwerkliche Arbeiten Minderjährige unter 16 Jahren einstellen, ist ein Antrags- und Genehmigungsverfahren nach den einschlägigen staatlichen Bestimmungen zu durchlaufen, und es ist ihr Recht auf Pflichterziehung zu gewährleisten.

 

3. Kapitel: Arbeitsvertrag und Kollektivvertrag

 

§ 16  Der Arbeitsvertrag ist eine Vereinbarung, welche eine Arbeitsbeziehung zwischen Arbeitendem und Arbeitgebereinheit errichtet und die beiderseitigen Rechte und Pflichten klarstellt.

   Zur Errichtung einer Arbeitsbeziehung muß ein Arbeitsvertrag geschlossen werden.

 

§ 17  Bei Abschluß und Änderung des Arbeitsvertrags müssen die Grundsätze der Gleichberechtigung und Freiwilligkeit und der Erzielung von Übereinstimmung in Verhandlungen eingehalten, Gesetze und Verwaltungsrechtsnormen dürfen nicht verletzt werden.

   Nach dem Gesetz abgeschlossen hat der Arbeitsvertrag gesetzliche Bindungskraft, die Parteien haben die vom Arbeitsvertrag bestimmten Pflichten zu erfüllen.

 

§ 18  Die folgenden Arbeitsverträge sind wirkungslos:

   1. Arbeitsverträge, welche Gesetze oder Verwaltungsrechtsnormen verletzen.

   2. Mit Hilfe von Mitteln wie Täuschung und Drohung abgeschlossene Arbeitsverträge.<4>

   Wirkungslose Arbeitsverträge haben von ihrem Abschluß an keine gesetzliche Bindungskraft. Wird die Wirkungslosigkeit eines Teils eines Arbeitsvertrags festgestellt, ist, wenn dies die Wirksamkeit des restlichen Vertrags nicht beeinträchtigt, der Rest weiterhin gültig.

   Die Wirkungslosigkeit eines Arbeitsvertrags wird von der Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten oder dem Volksgericht festgestellt.

 

§ 19  Arbeitsverträge müssen in Schriftform geschlossen werden und die folgenden Punkte bestimmen:

   1. Dauer des Arbeitsvertrags,

   2. Inhalt der Arbeit,

   3. Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen,

   4. Arbeitsentgelt,

   5. Arbeitsdisziplin,

   6. Voraussetzungen der Beendung des Arbeitsvertrags,

   7. Haftung bei Verletzung des Arbeitsvertrags.

   Neben den vorstehend aufgeführten notwendigen Klauseln im Arbeitsvertrag können die Parteien noch über weitere Dinge Vereinbarungen aushandeln.

 

§ 20  Die Dauer des Arbeitsvertrags kann eine feste Frist, unbestimmt oder durch die Fertigstellung einer bestimmten Arbeit bestimmt sein.

   Wenn der Arbeitende bei der gleichen Arbeitgebereinheit fortgesetzt mindestens 10 Jahre gearbeitet hat, und die Parteien übereinkommen, den Vertrag fortzusetzen, muß, wenn der Arbeitende einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Dauer beantragt, ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Dauer geschlossen werden.

 

§ 21  Der Arbeitsvertrag kann eine Probezeit vereinbaren. Die Probezeit darf 6 Monate nicht überschreiten.

 

§ 22  Die Parteien des Arbeitsvertrags können im Arbeitsvertrag Bestimmungen zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Arbeitgebereinheit treffen.

 

§ 23  Bei Ablauf der Dauer des Arbeitsvertrags oder wenn die Voraussetzungen der Beendung des Arbeitsvertrags gegeben sind, wird der Arbeitsvertrag beendet.

 

§ 24  Wenn die Parteien des Arbeitsvertrags darüber in Verhandlungen übereinkommen, kann der Arbeitsvertrag aufgelöst werden.

 

§ 25  Wenn beim Arbeitenden einer der folgenden Umstände vorliegt, kann die Arbeitgebereinheit den Vertrag auflösen:

   1. Wenn während der Probezeit gezeigt wird, daß er nicht den Bedingungen für die Einstellung entspricht,

   2. wenn er in erheblichem Maße gegen die Arbeitsdisziplin oder die Regelungen der Arbeitgebereinheit verstößt,

   3. wenn er in erheblichem Maße sein Amt vernachlässigt, zum privaten Vorteil handelt und den Interessen der Arbeitgebereinheit schweren Schaden zufügt,

   4. wenn er nach dem Recht strafrechtlich verantwortlich gemacht wird.

 

§ 26  Wenn einer der folgenden Umstände vorliegt, kann die Arbeitgebereinheit den Vertrag auflösen, muß aber den Arbeitenden 30 Tage im voraus schriftlich benachrichtigen:

   1. Wenn der Arbeitende erkrankt oder außerhalb des Dienstes verletzt worden und nach Abschluß der ärztlichen Behandlung nicht imstande ist, seine alte Arbeit auszuführen, und auch nicht dazu, eine von der Arbeitgebereinheit sonst zugewiesene Arbeit auszuführen;

   2. wenn der Arbeitende seiner Arbeit nicht gewachsen ist und auch nach Ausbildung oder Änderung des Arbeitsplatzes weiterhin seiner Arbeit nicht gewachsen ist;

   3. wenn große Veränderungen der objektiven Umstände eingetreten sind, auf die sich der Abschluß des Arbeitsvertrags gestützt hatte, sodaß sich der ursprüngliche Arbeitsvertrag nicht mehr ausführen läßt, und die Parteien in Verhandlungen keine Vereinbarung über eine Änderung des Vertrags erzielen können.

 

§ 27  Während der gesetzlich vorgesehenen Sanierungsperiode für eine Arbeitgebereinheit, die vor dem Konkurs steht, oder dann, wenn bei Produktion und Betrieb ganz erhebliche Schwierigkeiten auftreten, und eine Verringerung des Personals unbedingt erforderlich ist, müssen die Umstände 30 Tage zuvor der Gewerkschaft oder der gesamten Belegschaft erklärt und muß ihre Meinung dazu eingeholt werden; nach einem Bericht an die Arbeitsverwaltungsabteilung kann [dann] das Personal verringert werden.

   Wenn die Arbeitgebereinheit nach diesem Paragraphen das Personal verringert hat, muß sie, wenn sie innerhalb von 6 Monaten Personal einstellt, bevorzugt das ausgeschiedene Personal einstellen.

 

§ 28  Wenn die Arbeitgebereinheit Arbeitsverträge nach den §§ 24, 26 oder 27 auflöst, muß sie eine wirtschaftliche Entschädigung nach den einschlägigen staatlichen Bestimmungen gewähren.

 

§ 29  Wenn bei dem Arbeitenden einer der folgenden Umstände vorliegt, darf die Arbeitgebereinheit den Arbeitsvertrag nicht nach den §§ 26 oder 27 auflösen:

   1. Wenn wegen einer Berufskrankheit oder einer Arbeitsverletzung der Verlust oder teilweise Verlust der Arbeitsfähigkeit festgestellt wird;

   2. bei Krankheit oder Verletzung während der vorgeschriebenen Behandlungszeit;

   3. weibliche Beschäftigte während der Schwangerschaft, der Gebärzeit und der Stillzeit;

   4. bei anderen in Gesetzen oder Verwaltungsrechtsnormen bestimmten Umständen.

 

§ 30  Wenn die Arbeitgebereinheit einen Arbeitsvertrag auflöst, und die Gewerkschaft das nicht für angemessen hält, ist die Gewerkschaft berechtigt, Einwände zu erheben. Wenn die Arbeitgebereinheit Gesetze, sonstige Rechtsnormen oder Arbeitsverträge verletzt, ist die Gewerkschaft berechtigt, eine erneute Regelung zu verlangen; wenn der Arbeitende einen Schiedsspruch beantragt oder Klage erhebt, muß die Gewerkschaft dies in Übereinstimmung mit dem Gesetz unterstützen und [ihm] helfen.

 

§ 31  Wenn der Arbeitende den Arbeitsvertrag auflöst, muß er dies 30 Tage vorher der Arbeitgebereinheit schriftlich mitteilen.

 

§ 32  Wenn einer der folgenden Umstände vorliegt, kann der Arbeitende der Arbeitgebereinheit sogleich die Auflösung des Arbeitsvertrages mitteilen:

   1. Während der Probezeit;

   2. wenn die Arbeitgebereinheit ihn mit Gewalt, Zwang oder widerrechtlicher Einschränkung der körperlichen Freiheit zur Arbeit zwingt;

   3. wenn die Arbeitgebereinheit nicht gemäß dem Arbeitsvertrag Arbeitsentgelt zahlt und Arbeitsbedingungen gewährt.

 

§ 33  Die Beschäftigten eines Unternehmens können mit dem Unternehmen einen Kollektivvertrag über das Arbeitsentgelt, die Arbeitszeit, Ruhezeiten und Urlaub, Arbeitssicherheit und Gesundheit, Versicherung und Sozialleistungen und anderes abschließen. Der Entwurf des Kollektivvertrags muß der Beschäftigtenvertreterversammlung oder der Gesamtheit der Beschäftigten zur Diskussion und Verabschiedung vorgelegt werden.

   Der Kollektivvertrag wird von der Gewerkschaft in Vertretung der Beschäftigten mit dem Unternehmen abgeschlossen; bei Unternehmen, an denen keine Gewerkschaft errichtet worden ist, wird er von den von den Beschäftigten gewählten Vertretern mit dem Unternehmen abgeschlossen.

 

§ 34  Nach Abschluß muß der Kollektivvertrag der Arbeitsverwaltung gemeldet werden; wenn diese innerhalb von 15 Tagen vom Erhalt des Textes des Kollektivvertrages an keine Einwände erhebt, wird er wirksam.

 

§ 35 Ein nach dem Gesetz abgeschlossener Kollektivvertrag bindet das Unternehmen und die Gesamtheit der Beschäftigten. Arbeitsbedingungen und Normen für Arbeitsentgelte und anderes in Arbeitsverträgen einzelner Beschäftigter mit dem Unternehmen bestimmten dürfen nicht unter den Bestimmungen im Kollektivvertrag liegen.

 

4. Kapitel: Arbeitszeit, Ruhezeiten und Urlaub<5>

 

§ 36  Der Staat regelt die Arbeitszeit so, daß die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden und die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 44 Stunden nicht überschreitet.

 

§ 37  Für Arbeitende mit Stücklohn muß die Arbeitgebereinheit entsprechend den in § 36 bestimmten Arbeitszeiten vernünftige Normen für Arbeitssolls und Stücklohn bestimmen.

 

§ 38  Die Arbeitgebereinheit muß den Arbeitenden wöchentlich mindestens einen Ruhetag gewährleisten.

 

§ 39  Wenn das Unternehmen sich wegen der Produktionsbedingungen nicht an die §§ 36 und 38 halten kann, kann mit Genehmigung der Arbeitsverwaltungsabteilung eine andere Methode für die Arbeits- und Ruhe[zeit] gewählt werden.

 

§ 40  Die Arbeitgebereinheit muß an den folgenden Feiertagen nach dem Gesetz den Arbeitenden Urlaub geben

   1. Neujahr,

   2. Frühlingsfest [chinesisches Neujahr]

   3. dem internationalen Tag der Arbeit,

   4. Staatsfeiertag,

   5. anderen in Gesetzen und sonstigen Rechtsnormen bestimmten Feiertagen mit Urlaub.

 

§ 41  Wenn die Arbeitgebereinheit, weil Produktion und Betrieb es erfordern, nach Verhandlungen mit Gewerkschaft und den Arbeitenden die Arbeitszeit verlängern kann, dürfen die Überstunden in der Regel täglich eine Stunde nicht überschreiten; wenn besondere Gründe eine Verlängerung der Arbeitszeit erfordern, können sie, soweit die körperliche Gesundheit der Arbeitenden gewährleistet ist, bis zu 3 Stunden täglich, aber nicht über 36 Stunden monatlich betragen.

 

§ 42  Wenn einer der folgenden Umstände vorliegt, unterliegen die Überstunden nicht den Beschränkungen nach § 41:

   1. Wenn eine Naturkatastrophe oder ein Unfall eintritt oder aus anderen Gründen Leben und Gesundheit der Arbeitenden oder die Sicherheit von Vermögensgut gefährdet sind, und dies dringender Erledigung bedarf;

   2. wenn bei Produktionsanlagen, Verkehrs- und Transportlinien oder Infrastrukturanlagen Störungen auftreten, welche die Produktion oder die Interessen der Allgemeinheit beeinträchtigen und unverzüglich zu bereinigen sind;

   3. unter anderen in Gesetzen oder sonstigen Rechtsnormen bestimmten Umständen.

 

§ 43  Die Arbeitgebereinheit darf keine Überstunden einrichten, die den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechen.

 

§ 44  Wenn einer der folgenden Umstände vorliegt, muß die Arbeitgebereinheit nach den folgenden Normen ein Arbeitsentgelt über dem Lohn für die normale Arbeitszeit des Arbeitenden auszahlen, und zwar:

   1. Für Überstunden mindestens 150% des Lohnes,

   2. wenn für Arbeit des Arbeitenden an Ruhetagen<6> keine andere Ruhezeit gewährt werden kann, mindestens 200% des Lohnes,

   3. wenn der Arbeitende an gesetzlichen Feiertagen<7> zur Arbeit eingeteilt wird, nicht unter 300% des Lohnes.

 

§ 45  Der Staat sieht einen bezahlten Jahresurlaub vor.

   Arbeitende, die fortgesetzt ein Jahr lang gearbeitet haben, genießen einen bezahlten Jahresurlaub. Die konkrete Regelung wird vom Staatsrat getroffen.<8>

 

5. Kapitel: Lohn

 

§ 46  Die Löhne müssen dem Grundsatz der Verteilung nach Arbeit entsprechen; für gleiche Arbeit muß gleicher Lohn gelten.

   Das Lohnniveau wird auf der Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung langsam angehoben. Der Staat übt eine Makrokontrolle des Gesamtlohns aus.

 

§ 47  Die Arbeitgebereinheit bestimmt den Besonderheiten von Produktion und Betrieb dieser Einheit und ihrer wirtschaftlichen Effizienz entsprechend nach dem Gesetz autonom die Formen der Lohnverteilung dieser Einheit und ihr Lohnniveau.

 

§ 48  Der Staat garantiert einen Mindestlohn. Konkrete Sätze für den Mindestlohn werden von der Volksregierung der PAS festgesetzt und dem Staatsrat zu den Akten gemeldet.

   Der Lohn, den die Arbeitgebereinheit den Arbeitenden zahlt, darf nicht unter dem örtlichen Mindestlohn liegen.

 

§ 49  Bei der Festsetzung und Korrektur des Mindestlohnes müssen die folgenden Faktoren zusammenfassend berücksichtigt werden:

   1. Die Mindestkosten der Lebenshaltung des Arbeitenden selbst und der durchschnittlich von ihm Unterhaltenen,

   2. das gesellschaftliche durchschnittliche Lohnniveau,

   3. die Arbeitsproduktivität,

   4. die Beschäftigungslage,

   5. die regionalen Unterschiede im Niveau der Wirtschaftsentwicklung.

 

§ 50  Der Lohn muß monatlich in Geld dem Arbeitenden selbst ausgezahlt werden. Es ist nicht zulässig, von dem Lohn des Arbeitenden Abzüge zu machen oder die Auszahlung grundlos zu verzögern.

 

§ 51  Für die gesetzlich bestimmten Feiertage und Urlaub des Arbeitenden für Hochzeit und Begräbnisse sowie für die Zeit der Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten nach dem Gesetz muß die Arbeitgebereinheit nach dem Gesetz Lohn zahlen.

 

6. Kapitel: Arbeitssicherheit und Gesundheit

 

§ 52  Die Arbeitgebereinheit hat Regelungen für Arbeitssicherheit und Gesundheit zu schaffen und zu vervollkommnen, die staatlichen Vorschriften und Normen für Arbeitssicherheit und Gesundheit strikt einzuhalten, die Arbeitenden zu Arbeitssicherheit und Gesundheit zu erziehen, Unfälle beim Arbeitsprozeß zu verhindern und berufliche Gefahren zu vermindern.

 

§ 53  Die Einrichtungen für die Arbeitssicherheit und Gesundheit haben den staatlich bestimmten Normen zu entsprechen.

   Die Einrichtungen für Arbeitssicherheit und Gesundheit bei neu errichteten, umgebauten oder erweiterten Vorhaben sind gleichzeitig mit der Hauptanlage zu planen, zu errichten und in Betrieb zu nehmen.

 

§ 54  Die Arbeitgebereinheit hat den Arbeitenden den staatlichen Bestimmungen entsprechende Voraussetzungen für Arbeitssicherheit und Gesundheit und die erforderlichen Arbeitsschutzmittel zur Verfügung zu stellen; Arbeitende, die Berufsgefahren unterliegende Tätigkeiten ausüben, müssen regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen unterzogen werden.

 

§ 55  Besondere Tätigkeiten ausübende Arbeitende haben eine besondere Ausbildung zu durchlaufen und die Befähigung für die besondere Tätigkeit zu erlangen.

 

§ 56  Der Arbeitende hat im Arbeitsprozeß die Regeln für eine sichere Handhabung [von Maschinen usw.] strikt einzuhalten.

   Der Arbeitende ist berechtigt, die Ausführung von regelwidrigen Anweisungen und Befehlen zu riskanten Tätigkeiten seitens des Leitungspersonals der Arbeitgebereinheit zu verweigern; er ist berechtigt, Leben und Gesundheit gefährdende Handlungen zu kritisieren und anzuzeigen.

 

§ 57  Der Staat setzt Regeln für statistische Berichte über [Arbeits]unfälle mit Verletzungen und Todesfällen und über Berufskrankheiten und das Verfahren zur Regelung dieser Fälle fest. Über Unfälle mit Verletzungen und Todesfällen, die bei Arbeitenden im Arbeitsprozeß eintreten, und über den Stand der Berufskrankheiten der Arbeitenden müssen die Arbeitsverwaltungs- und die [sonst] zuständigen Abteilungen der Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts und die Arbeitgebereinheiten nach dem Gesetz Statistiken führen, berichten und diese Fälle regeln.

 

7. Kapitel: Besonderer Schutz weiblicher Beschäftigte und minderjähriger Arbeiter

 

§ 58  Der Staat führt einen besonderen Arbeitsschutz für weibliche Beschäftigte und minderjährige Arbeiter durch.

   Minderjährige Arbeiter sind Arbeitende, die mindestens 16, aber noch nicht 18 Jahre alt sind.

 

§ 59  Es ist verboten, weibliche Beschäftigte in Bergwerken unter Tage, zu körperlichen Arbeiten des nach den staatlichen Bestimmungen 4. Schweregrades und für andere Arbeiten einzusetzen, die ihnen verboten sind.

 

§ 60  Während ihrer monatlichen Periode dürfen weibliche Beschäftigte nicht zu Arbeiten in großer Höhe, bei niedrigen Temperaturen, im kalten Wasser und zu körperlichen Arbeiten des nach den staatlichen Bestimmungen 3. Schweregrades eingesetzt werden.

 

§ 61  Während der Schwangerschaft dürfen weibliche Beschäftigte nicht zu körperlichen Arbeiten des nach den staatlichen Bestimmungen 3. Schweregrades und zu anderen Arbeiten eingesetzt werden, die während der Schwangerschaft verboten sind. Vom 7. Monat der Schwangerschaft ab dürfen weibliche Beschäftigte nicht mit Überstunden oder in Nachtschichten eingesetzt werden.

 

§ 62  Gebärende weibliche Beschäftigte erhalten mindestens 90 Tage Mutterschaftsurlaub.

 

§ 63  Weibliche Beschäftigte, die ein Kind unter einem Jahr stillen, dürfen nicht zu körperlichen Arbeiten des nach den staatlichen Bestimmungen 3. Schweregrades und zu anderen Arbeiten eingesetzt werden, die während der Stillzeit verboten sind, sie dürfen nicht mit Überstunden oder in Nachtschichten eingesetzt werden.

 

§ 64  Minderjährige Arbeiter dürfen nicht zu Arbeiten unter Tage, giftigen und schädlichen Arbeiten, zu körperlichen Arbeiten des nach den staatlichen Bestimmungen 4. Schweregrades und für andere Arbeiten eingesetzt werden, die ihnen verboten sind.

 

§ 65  Die Arbeitgebereinheit muß regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen der minderjährigen Arbeiter durchführen.

 

8. Kapitel: Berufsausbildung

 

§ 66  Der Staat entwickelt auf Wegen und mit Maßnahmen aller Art die Berufsausbildung, er erschließt die beruflich-technischen Fähigkeiten der Arbeitenden, steigert die Qualität der Arbeitenden und stärkt ihre Fähigkeit, Arbeit zu finden und ihre Arbeitsfähigkeiten.

 

§ 67  Die Volksregierungen aller Stufen müssen die Entwicklung der Berufsausbildung in den sozioökonomischen Entwicklungsplan aufnehmen und Unternehmen, institutionelle Organisationen, gesellschaftlichen Körperschaften und Einzelpersonen, die die Voraussetzungen dafür besitzen, zur Durchführung von Berufsausbildung in jeder Form anregen und sie dabei unterstützen.

 

§ 68  Die Arbeitgebereinheiten müssen Berufsausbildungsordnungen schaffen, nach den staatlichen Bestimmungen Berufsausbildungskosten erheben und einsetzen und entsprechend der Praxis bei ihrer Einheit planmäßig die Berufsausbildung der Arbeitenden durchführen.

   Technische Arbeiten ausführende Arbeitende haben eine Berufsausbildung zu durchlaufen, bevor sie ihren Arbeitsplatz erhalten.

 

§ 69  Der Staat setzt eine Einteilung der Berufe und für bestimmte Berufe bestimmte Normen für berufstechnische Fähigkeiten fest, er schafft Regelungen für Nachweise der beruflichen Befähigung; von der Regierung genehmigte Prüfungsorgane übernehmen die Verantwortung für die Prüfung und Bestätigung der technischen Fähigkeiten der Arbeitenden zur Berufsausübung.

 

9. Kapitel: Sozialversicherung und Sozialleistungen

 

§ 70  Der Staat entwickelt die Sozialversicherung, schafft eine Sozialversicherungsordnung, errichtet Sozialversicherungsfonds und läßt die Arbeitenden im Alter, bei Krankheit, Arbeitsunfällen, Arbeitslosigkeit und Geburten Hilfe und Entschädigungen erlangen.

 

§ 71  Das Niveau der Sozialversicherung muß dem Niveau der sozioökonomischen Entwicklung und der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft entsprechen.

 

§ 72  Für die Sozialversicherungsfonds werden Quellen [getrennt] nach den Arten der Sozialversicherung festgesetzt und allmählich eine gesellschaftliche umfassende Steuerung durchgeführt. Arbeitgebereinheiten und Arbeitende haben nach dem Gesetz an der Sozialversicherung teilzunehmen und Sozialversicherungsgebühren zu zahlen.

 

§ 73  Arbeitende erhalten bei Vorliegen der folgenden Umstände nach dem Gesetz Leistungen der Sozialversicherung:

   1. Im Ruhestand;

   2. bei Krankheit und Verletzungen,

   3. bei berufsbedingter Invalidität oder Berufskrankheit;

   4. bei Arbeitslosigkeit,

   5. bei Geburten.

   Nach dem Tod des Arbeitenden erhalten hinterbliebene Abhängige einen Hinterbliebenenzuschuß.

   Die Voraussetzungen und Sätze für die Leistungen der Sozialversicherung, welche der Arbeitende erhält, werden in Gesetzen und [sonstigen] Rechtsnormen bestimmt.

   Sozialversicherungsgelder, welche der Arbeitende erhält, sind fristgemäß voll auszuzahlen.

 

§ 74  Die Organe, welche die Sozialversicherungsfonds verwalten<9>, nehmen Einzahlungen und Auszahlungen der Fonds nach dem Gesetz vor, verwalten die Fonds nach dem Gesetz, setzen sie nach dem Gesetz ein und sind dafür verantwortlich, den Wert der Sozialversicherungsfonds zu erhalten und vermehren.

   Die Aufsichtsorgane der Sozialversicherungsfonds beaufsichtigen nach dem Gesetz die Einzahlungen und Auszahlungen der Fonds, ihre Verwaltung und ihren Einsatz.

   Die Errichtung und die Funktionen der Organe, welche die Sozialversicherungsfonds verwalten, und der Organe, welche sie beaufsichtigen, werden gesetzlich bestimmt.

   Keine Organisation und kein Einzelner darf Sozialversicherungsfonds zweckentfremden.

 

§ 75  Der Staat regt die Arbeitgebereinheiten an, entsporechend den tatsächlichen Umständen ihrer Einheit für die Arbeitenden eine Ergänzungsversicherung zu schaffen.

   Der Staat fördert Versicherungen der individuellen Arbeitenden mit Sparcharakter.

 

§ 76  Der Staat entwickelt Institutionen für Sozialleistungen, errichtet Einrichtungen für öffentliche Sozialleistungen und schafft Voraussetzungen für Ruhe und Erholung und für Kuren der Arbeitenden.

   Die Arbeitgebereinheiten müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die kollektiven Sozialleistungen verbessert und Sozialleistungen für die Arbeitenden angehoben werden.

 

10. Kapitel: Arbeitsstreitigkeiten<10>

 

§ 77  Kommt es zu einer Arbeitsstreitigkeit zwischen Arbeitgebereinheit und Arbeitendem, so können die Parteien nach dem Gesetz Schlichtung oder ein Schiedsverfahren beantragen oder Klage erheben, sie können den Streit auch in Verhandlungen beilegen.

   Der Grundsatz der Schlichtung wird auf das Schieds- und das gerichtliche Verfahren angewandt.

 

§ 78  Bei der Lösung von Arbeitsstreitigkeiten müssen nach dem Grundsatz einer dem Recht entsprechenden, gerechten und unverzüglichen Regelung dem Gesetz gemäß die legalen Rechtsinteressen der Parteien der Arbeitsstreitigkeit gewahrt werden.

 

§ 79  Wenn es zu einer Arbeitsstreitigkeit gekommen ist, können die Parteien bei der Schlichtungskommission für Arbeitsstreitigkeiten dieser Einheit Schlichtung beantragen; wenn die Schlichtung erfolglos bleibt und eine Seite ein Schiedsverfahren verlangt, kann bei der Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten ein Schiedsverfahren beantragt werden. Eine Partei kann auch direkt bei der Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten ein Schiedsverfahren beantragen. Wer sich dem Schiedsspruch nicht unterwirft, kann beim Volksgericht Klage erheben.

 

§ 80  In einer Arbeitgebereinheit kann eine Schlichtungskommission für Arbeitsstreitigkeiten errichtet werden. Die Schlichtungskommission für Arbeitsstreitigkeiten besteht aus Vertretern der Beschäftigten, der Arbeitgebereinheit und der Gewerkschaft. Den Vorsitz der Schlichtungskommission für Arbeitsstreitigkeiten übernimmt der Vertreter der Gewerkschaft.

   Eine Vereinbarung, welche bei der Schlichtungskommission für Arbeitsstreitigkeiten erzielt wird, müssen die Parteien ausführen.

 

§ 81  Die Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten besteht aus Vertretern der Arbeitsverwaltung, der Gewerkschaft gleicher Stufe und der Arbeitgebereinheiten. Den Vorsitz der Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten übernimmt der Vertreter der Arbeitsverwaltung.

 

§ 82  Die Seite, welche ein Schiedsverfahren verlangt, muß dies innerhalb von 60 Tagen nach dem Eintreten der Arbeitsstreitigkeit bei der Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten schriftlich beantragen. Der Schiedsspruch muß im allgemeinen innerhalb von 60 Tagen ab Erhalt des Antrags auf ein Schiedsverfahren ergehen. Wenn sie gegen den Schiedsspruch keine Einwände haben, haben die Parteien ihn auszuführen.

 

§ 83  Wenn sich Parteien von Arbeitsstreitigkeiten einem Schiedsspruch nicht unterwerfen wollen, können sie innerhalb von 15 Tagen ab Erhalt des schriftlichen Schiedsspruchs beim Volksgericht Klage erheben. Wenn eine Partei innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist weder Klage erhebt noch den Schiedsspruch ausführt, kann die andere Partei beim Volksgericht Zwangsvollstreckung beantragen.

 

§ 84  Wenn wegen des Abschlusses eines Kollektivvertrags Streitigkeiten eintreten, und die Parteien sie nicht in Verhandlungen beilegen können, kann die Arbeitsverwaltungsabteilung der örtlichen Volksregierung die Regelung durch einen Ausgleich unter den Betroffenen organisieren.

   Wenn wegen der Ausführung eines Kollektivvertrags Streitigkeiten eintreten, und die Parteien sie nicht in Verhandlungen beilegen können, kann bei der Schiedskommission für Arbeitsstreitigkeiten ein Schiedsspruch beantragt werden; wer sich dem Schiedsspruch nicht unterwerfen will, kann innerhalb von 15 Tagen ab Erhalt des schriftlichen Schiedsspruchs beim Volksgericht Klage erheben.

 

11. Kapitel: Aufsicht und Überprüfung

 

§ 85  Die Arbeitsverwaltungsabteilungen der Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts beaufsichtigen und überprüfen, ob die Arbeitgebereinheiten sich an die arbeitsrechtlichen Gesetze und sonstigen Rechtsnormen halten und sind berechtigt, Verletzungen dieser Gesetze und sonstigen Rechtsnormen zu unterbinden und Anweisungen zu Korrekturen zu geben.

 

§ 86  Das Aufsichts- und Überprüfungspersonal der Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts führt öffentliche Aufgaben aus; es ist berechtigt, in die Arbeitgebereinheiten zu gehen, um sich über die Ausführung der arbeitsrechtlichen Gesetze und sonstigen Rechtsnormen zu unterrichten, die notwendigen Unterlagen zu durchzusetzen und die Arbeitsstätten zu überprüfen.

   Bei der Ausführung öffentlicher Aufgaben hat das Aufsichts- und Überprüfungspersonal der Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts seinen Ausweis vorzuzeigen, das Interesse der Allgemeinheit und das Recht zu wahren<11> und die einschlägigen Bestimmungen zu achten.

 

§ 87  Betroffene Abteilungen der Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts haben jede in ihrem Amtsbereich die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Gesetze und sonstigen Rechtsnormen durch die Arbeitgebereinheiten zu beaufsichtigen.

   Jede Organisation und jeder Einzelne ist berechtigt, Handlungen anzuzeigen, welche arbeitsrechtliche Gesetze und sonstige Rechtsnormen verletzen.

 

12. Kapitel: Rechtliche Verantwortung

 

§ 89  Wenn von einer Arbeitgebereinheit festgesetzte Arbeitsregelungen gegen Gesetze oder sonstige Rechtsnormen verstoßen, erteilt die Arbeitsverwaltung eine Verwarnung und gibt Anweisung, das zu korrigieren; wenn Arbeitende geschädigt werden, haftet [die Arbeitgebereinheit] auf Schadenersatz.

 

§ 90  Wenn eine Arbeitgebereinheit entgegen diesem Gesetz die Arbeitszeiten verlängert, erteilt die Arbeitsverwaltung eine Verwarnung und gibt Anweisung, das zu korrigieren; gleichzeitig kann sie eine Geldbuße verhängen.

 

§ 91  Wenn bei einer Arbeitgebereinheit einer der folgenden legale Rechtsinteressen der Arbeitenden verletzenden Umstände vorliegt, gibt die Arbeitsverwaltung Anweisung zur Zahlung von Lohn und Entgelt und wirtschaftlicher Entschädigung an den Arbeitenden und kann Anweisung geben, Schadenersatzgeld zu zahlen:

   1. Wenn der Lohn des Arbeitenden gekürzt oder seine Auszahlung grundlos aufgeschoben wird;

   2. wenn die Zahlung von [zusätzlichem] Entgelt für Überstunden an den Arbeitenden verweigert wird;

   3. wenn dem Arbeitenden ein Lohn gezahlt wird, der unter dem örtlichen Mindestlohnsatz liegt;

   4. wenn nach der Auflösung des Arbeitsvertrags dem Arbeitenden nicht gemäß diesem Gesetz eine wirtschaftliche Entschädigung gezahlt wird.

 

§ 92  Wenn die Arbeitssicherheitseinrichtungen und die arbeitsgesundheitlichen Bedingungen einer Arbeitgebereinheit nicht den staatlichen Bestimmungen entsprechen oder den Arbeitenden nicht die erforderlichen Gegenstände für den Arbeitsschutz und Arbeitsschutzeinrichtungen gestellt werden, geben die Arbeitsverwaltung oder die sonst betroffenen Abteilungen Anweisung, dies zu korrigieren; sie können Geldbußen verhängen; bei schwerwiegendem Sachverhalt beantragen sie, daß die Volksregierung auf Kreis- oder höherer Stufe beschließt, Anweisung zur Einstellung der Produktion und zur Sanierung zu geben; wenn keine Maßnahmen gegen latente Unfallgefahren ergriffen werden, und es infolgedessen zu einem schweren Unfall kommt, bei dem es zu Verlusten von Leben und Vermögen von Arbeitenden kommt, wird die strafrechtliche Haftung des Verantwortlichen nach § 187 des Strafgesetzes verfolgt.

 

§ 93  Wenn die Arbeitgebereinheit einen Arbeitenden zwingt, regelwidrig gefährliche Tätigkeiten auszuüben, und dies dazu führt, daß er in einem schweren Unfall verletzt wird oder umkommt, schwere Folgen verursacht werden, wird die strafrechtliche Haftung des Verantwortlichen nach dem Gesetz verfolgt.

 

§ 94  Wenn eine Arbeitgebereinheit rechtswidrig Minderjährige unter 16 Jahren einstellt, weist die Arbeitsverwaltung sie an, dies zu korrigieren und verhängt eine Geldbuße; bei schwerwiegenden Umständen zieht die Industrie- und Handelsverwaltung den Gewerbeschein ein.

 

§ 95  Wenn eine Arbeitgebereinheit gegen die Vorschriften dieses Gesetzes zum Schutz weiblicher Beschäftigter oder minderjähriger Arbeiter verstößt und deren legale Rechtsinteressen verletzt, weist die Arbeitsverwaltung sie an, dies zu korrigieren und verhängt eine Geldbuße; wenn weibliche Beschäftigte oder minderjährige Arbeiter dadurch geschädigt werden, haftet [die Arbeitgebereinheit] auf Schadenersatz.

 

§ 96  Wenn eine Arbeitgebereinheit eine der folgenden Handlungen begeht, verhängen die Organe der öffentlichen Sicherheit [=die Polizei] gegen das verantwortliche Personal bis zu 15 Tagen Haft, Geldbußen oder Verwarnungen; wenn die Handlung eine Straftat bildet, wird nach dem Gesetz die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Personals verfolgt:

   1. Wenn mit Gewalt, Drohungen oder widerrechtlicher Beschränkung der körperlichen Freiheit Arbeit erzwungen wird;

   2. wenn Arbeitende beleidigt, körperlich gezüchtigt, geprügelt, widerrechtlich durchsucht oder eingesperrt werden.

 

§ 97  Wenn aus Gründen bei der Arbeitgebereinheit ein unwirksamer Vertrag geschlossen und der Arbeitende dadurch geschädigt wird, haftet [die Arbeitgebereinheit] auf Schadenersatz.

 

§ 98  Wenn die Arbeitgebereinheit in Verletzung der in diesem Gesetz bestimmten Bedingungen den Arbeitsvertrag auflöst oder vorsätzlich den Abschluß eines Arbeitsvertrags hinauszögert, weist die Arbeitsverwaltung sie an, dies zu korrigieren; wenn der Arbeitende dadurch geschädigt wurde, haftet sie auf Schadenersatz.

 

§ 99  Wenn die Arbeitgebereinheit einen Arbeitenden einstellt, dessen [vorheriger] Arbeitsvertrag nicht aufgelöst worden ist, und [damit] der vorherigen Arbeitgebereinheit einen wirtschaftlichen Verlust zufügt, haftet sie ihr nach dem Gesetz [neben dem Arbeitenden] als Gesamtschuldner auf Schadenersatz.

 

§ 100 Wenn die Arbeitgebereinheit Sozialversicherungsgebühren grundlos nicht bezahlt, weist die Arbeitsverwaltung sie an, innerhalb einer bestimmten Frist zu zahlen; wenn sie nicht fristgemäß zahlt, kann zusätzlich Verzugsgeld erhoben werden.

 

§ 101 Wenn Arbeitgebereinheiten die Arbeitsverwaltung, die [sonst] betroffenen Abteilungen oder deren Personal bei der Ausübung ihrer Aufsichts- und Überprüfungsrechte behindern oder Personen, die [über sie] Berichte erstatten oder [sie] anzeigen, angreifen und sich an ihnen rächen, verhängen die Arbeitsverwaltung oder die [sonst] betroffenen Abteilungen Geldbußen; wenn [der Sachverhalt] eine Straftat bildet, wird nach dem Gesetz die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Personals verfolgt.

 

§ 102 Wenn der Arbeitende in Verletzung der in diesem Gesetz bestimmten Bedingungen den Arbeitsvertrag auflöst oder die Geheimhaltungsbestimmungen im Arbeitsvertrag verletzt und damit der Arbeitgebereinheit einen wirtschaftlichen Verlust zufügt, haftet er nach dem Gesetz auf Schadenersatz.

 

§ 103 Wenn Personal der Arbeitsverwaltung oder [sonst] betroffener Abteilungen seine Amtsbefugnisse mißbraucht, seine Amtspflichten vernachlässigt, zum eigenen Vorteil handelt, und dies eine Straftat bildet, wird nach dem Gesetz die strafrechtliche Haftung verfolgt; wenn es keine Straftat bildet, wird die Angelegenheit durch [disziplinarische] Verwaltungsmaßnahmen geregelt.

 

§ 104 Wenn Staatsbeamte oder Leute der Organe, welche die Sozialversicherungsfonds verwalten, Sozialversicherungsfonds zweckentfremden, und dies eine Straftat bildet, wird nach dem Gesetz die strafrechtliche Haftung verfolgt.

 

§ 105 Wenn in Verletzung dieses Gesetzes legale Rechtsinteressen von Arbeitenden verletzt werden, und andere Gesetze oder sonstige Rechtsnormen dafür bereits Sanktionen vorsehen, wird nach diesen anderen Gesetzen oder sonstigen Rechtsnormen verfahren.

 

13. Kapitel: Ergänzende Regeln

 

§ 106 Die Volksregierungen der PAS setzen aufgrund dieses Gesetzes und der tatsächlichen Verhältnisse ihres Gebietes die Schritte für die Durchführung der Arbeitsvertragsordnung fest und melden sie dem Staatsrat zu den Akten.

 

§ 107 Dies Gesetz wird vom 1.1.1995 an angewandt.

 

Quelle: Ggb 678.

 

Anmerkungen:

<1>  Dies Gesetz soll die Reform des Arbeitsrechts abschließen und endgültig durchsetzen, daß Arbeitsverhältnisse auf Arbeitsverträgen beruhen müssen und damit auch bei allen Arbeitsverhältnissen der Staatsbetriebe das früher dort bestehende beamtenartige Rechtsverhältnis der Staatsarbeiter durch Arbeitsvertragsverhältnisse ersetzen. Damit entfällt weitgehend das bisherige Arbeitsrecht, in unserer Sammlung 12.7.86/1,2,4; aber da nach § 106 des Gesetzes gerade die Einführung der "Arbeitsvertragsordnung" aufgrund lokaler Verordnungen schrittweise vorgenommen werden soll, werden diese alten Vorschriften wohl in manchen Betrieben doch noch eine Zeitlang weitergelten.

            Das Gesetz regelt übergreifend das gesamte Arbeitsrecht und bedarf der Ergänzung durch Spezialnormen v.a. im Bereich der Sozialversicherung.

            Über das Arbeitsrecht hinaus sind zwei Vorschriften interessant:

            § 26 Nr. 3 enthält die erste gesetzliche Regelung des Grundsatzes von der clausula rebus sic stantibus im chinesischen Recht. Bis zu einer allgemeinen vertragsrechtlichen Regelung dieses Grundsatzes wird man die Vorschrift wohl auch anderswo analog heranziehen können.

            Für einen in China häufigen Fall unlauteren Wettbewerbs, der aber auch in der deutschen Automobilindustrie vorkommen soll, sieht § 99 eine Schadensersatzpflicht des Abwerbenden gegenüber der durch die Abwerbung geschädigten Firma vor.

<2>  Wörtlich: Menschen gebrauchende Einheit.

<3>  Ob sich das "im Gebiet der VR China" auch auf die "Arbeitenden" bezieht, ist im Originaltext unklar.

<4>  Man vergleiche die Nichtigkeitsgründe nach § 58 der Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts (12.4.86/1): Hinzu kommen dort Handeln nicht oder beschränkt Geschäftsfähiger; Kollusion zum Schaden Dritter; rechtmäßige Handlungen, unter denen sich ein rechtswidriger Zweck verbirgt; Planverletzungen; und zu den Handlungen aufgrund von Täuschung und Drohung kommen Handlungen hinzu, bei denen die andere Seite eine Notlage des Handelnden ausbeutet; zu den Gesetzesverletzungen kommen Verletzungen des öffentlichen Interesses hinzu. Handlungen aufgrund schweren Irrtums oder mit deutlich ungerechtem Ergebnis sind anfechtbar, 12.4.86/1 § 59. Offen ist, inwieweit diese Vorschriften der Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts nun auch auf Arbeitsverträge Anwendung finden sollen. Man beachte aber auch § 32, nach dem, wenn Arbeit durch Drohung durch den Arbeitgeber erzwungen wird, der Arbeitnehmer den Vertrag kündigen kann, der Vertrag dann also trotz § 18 Nr.2 nicht automatisch nichtig ist; gedacht ist dort wohl an nachträgliche Drohungen.

<5>  Vgl. zu diesem Kapitel 25.3.95/1.

<6>  Nach § 38.

<7>  Nach § 40, nicht den Ruhetagen nach § 38.

<8>  Liegt uns bisher nicht vor.

<9>  Verwalten: chin. jingban, läßt sich auch als "Mit (den Fonds) wirtschaften" übersetzen.

<10>  Vgl. hierzu 6.7.93/1.

<11> Wörtlich "Öffentliches (als Gegensatz zu: Privatem) und Recht hochzuhalten".

 

Übersetzung, Anmerkungen, Copyright: Frank Münzel, Hamburg